D'Aufnahm
Wia wad ma a Biddl?
Wer zur Krettenweiber- und Narrenbüttelgruppe will, wird erst mal von allen Mitgliedern in einer Probezeit von zwei Jahren begutachtet. In dieser Zeit muss er - von einem Paten begleitet - an den fastnächtlichen Aktivitäten teilnehmen. Wie jeder weiß, ist damit sehr viel Arbeit und wenig Schlaf verbunden. Auch ist nicht gern gesehen, wenn sich ein Anwärter zu fein für manche Dinge zeigt. Beispielsweise ist älteren Bütteln über die Straße zu helfen, denn soziales Verhalten sich selbst und vor allem den Gruppenmitgliedern gegenüber wird sehr genau beäugt. In dieser Gruppe haben nur Kameraden einen Platz. Natürlich muss der Bewerber auch Gefühl für Etikette haben
Im Hauptquartier trifft man sich. Nach einem kleinen Umtrunk müssen die Aufgaben des Zeremonienmeisters und seiner Gehilfen bestanden werden. Im Mittelpunkt steht ein Brunnen, der "Kästlesbrunnen" - an der "Kästlesmühle" (*1)
Die Prüfung heißt: "Kästleswasser holen!". Hauptbestandteil des Aufnahmerituals ist es, aus diesem Brunnen Wasser in einem flachen Gefäß, etwa eine Pfanne oder Ähnliches ohne es zu verschütten oder abzusetzen ins Hauptquartier zu bringen und dort im Kopfstand zu trinken. Wird Wasser verschüttet, muss der Prüfling umdrehen, zurück laufen und das Gefäß wieder auffüllen. Dieser Weg ist garniert mit weiteren Sonderprüfungen, die der Phantasie des Zeremonienmeisters entspringen und jährlich wechseln. Essfestigkeit, Trinkfestigkeit, Kraft und Mut aber auch Geschicklichkeit, Intelligenz sowie gute Manieren sind Gegenstand der Prüfungen.
Gesundheitliche Einschränkungen dürfen nicht bestehen. So wäre zum Beispiel eine Knoblauch-/ Zwiebelallergie, eine Schluckmuskellähmung oder andere Abstinenzen ein Grund für eine vorläufige oder endgültige Zurückstellung. Alkohol sollte er nicht, oder nur selten trinken (gemeint sind die Alkoholika, die einen Anteil von 80% überschreiten). Hat der Neuling sich in der gegebenen Zeit bewährt, kommt es zum Aufnahmeritual durch den Zeremonienmeister.
Hat der Bewerber die Prüfstrecke Hauptquartier, Kästlesbrunnen, Roßmanith, Deutscher Kaiser, Hauptquartier hinter sich gelassen, ruft der Zeremonienmeister in die Runde: "... wer gegen diesen Prüfling etwas einzuwenden hat, der rede jetzt oder schweige für immer!" Gibt es keine Einwände, kann er kopfstehend das "Heilige Wasser" trinken. Anschließend setzt er sich nieder um ein Süpplein zu löffeln. Das Rezept stammt von unserem Meisterkoch Ebi Späth, der es aus der Hitze Brasiliens mit nach Hause gebracht hat. Es ist übrigens ein alter Brauch, dass dieses Süppchen auch dem Vorstand, nachdem er dem Neuling gratuliert hat, serviert wird. Hat ein Bewerber dies alles überstanden, hat er das Rüstzeug für den närrischen Einsatz.
(*1) Auszug aus dem tollen Buch der Ehinger Museumsgesellschaft "Ehingen aber merkwürdig": " ... seit dem 11. Jahrhundert ist die Kästlesmühle bekannt. Als Herrschaftsmühle gehörte sie zur Landsherrschaft vertreten durch die Herren von Berg. Gegenüber der Mühle liegt der Kästlesbrunnen. Weiter heißt es: "... bis in die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg war das Kästleswasser als etwas Besonderes von den Bewohnern der Unteren Stadt geschätzt".
Die Steine, aus denen der Brunnen besteht, stammen vom früheren Nikolaustor (früherer Standort etwa in Höhe der heutigen Stadtbibliothek/ obere Hauptstraße). Das Wasser des Brunnens sah man als besonders gut an. Pilger, die zu Fuß sogar bis aus Tirol zur Frauenkirche pilgerten, erfrischten sich hier vor dem Betreten der Kirche. War das Wasser sogar heilig? (aus "Ehingen aber merkwürdig", Museumsgesellschaft Ehingen S. 59)